Mittwoch, 12. November 2008

Bericht Oktober 2008

Wir bringen diesmal Grüße und Segenswünsche Ihnen/Euch allen von den Menschen aus Enampore mit. Die Tatsache, dass es in Europa Interesse gibt an ihrer Lebenssituation, die macht den Bewohnern der Region Mut. Mut, der zu neuen Ideen veranlasst. Mut, der neue Plänen entstehen lässt. Mut, der uns überraschte und der seinen Ausdruck in Lebensfreude und Begeisterung findet. Mut, Freude und Dankbarkeit sind die Geschenke, die wir mitnehmen durften und mit Ihnen/Euch teilen wollen.

Liebe MitbegleiterInnen der Soforthilfe von Enampore!

Am 9. Oktober traten mein Mann Walter und ich um 3.20 Uhr unsere Reise in die Casamance an. Wir wussten nur zum Teil, was uns erwarten würde und wurden gleich einmal überrascht. Überrascht von der Reiseroute, die sich schon in München auf Grund des schlechten Wetters änderte und dem, was uns in den folgenden Tagen erwartete.

Aber nun der Reihe nach.

Wir wurden am 10. Oktober schon erwartet. Nach einer langen, anstrengenden Reise nahmen wir Quartier im Hotel Flamboyant in Ziguinchor, einen Tag später als geplant. Am Nachmittag hatten wir unser erstes Meeting mit Dr. Simon Tendeng und konnten die mitgebrachten Medikamente übergeben. Simon Tendeng kommt aus Enampore, ist Regionalarzt und sehr interessiert an der Weiterentwicklung der Region. Gespannt folgten wir seinen Ideen der regionalen Gesundheitsversorgung, -ein Konzept, das auf seine Verwirklichung wartet.

Am 11. Oktober wurden wir von Adrien Manga pünktlich um 10.00 Uhr abgeholt. Wir sollten um 11 Uhr in der Schule von Enampore sein. Die Unterrichtsmaterialien und die Kuverts mit Inskriptionsgebühr und dem Geld für die Schulkantine sollten an die Schulen übergeben werden. Und anschließend waren wir zum Essen eingeladen. Ich freute mich darauf Walter Rose, Dir. Jule Bassins und andere Menschen, mit denen ich im Mai bekanntgemacht wurde, vorstellen zu dürfen. Also machten wir uns auf den Weg, auf der Ladefläche waren die großen, beschrifteten Schachteln, in denen genau abgezählt die Hefte, Stifte und sonstigen Schulsachen aufgeteilt waren. Adriens besorgter Blick galt dem Himmel, der sich strahlend blau zeigte und wir verstanden nicht, weshalb er immer wieder von Regen sprach.

Die Hitze und Luftfeuchtigkeit machten uns zu schaffen, aber wir hatten genug Wasser mit im Auto. Man schwitzt halt in Afrika und dann muss man viel trinken, so einfach ist das.

Die Straßen von Ziguinchor standen teilweise hoch unter Wasser und wir wussten nicht wirklich warum. Vieles, was uns von den vorherigen Reisen sehr vertraut war, zeigte sich diesmal in einem völlig neuen Licht. Oder besser gesagt in neuen Farben! Üppige Vegetation, Grün in allen Schattierungen, Felder, die auf gute Ernte hoffen lassen, blühende Pflanzen und Wasser, sehr viel Wasser. Wir kannten die Casamance bisher nur in der Trockenzeit und konnten uns nicht sattsehen.

Begleitet wurden wir von unserem Freund Ibou Mané. Er hatte sich bereit erklärt, für Walter von Französisch in Englisch zu übersetzen. Vor allem war er für uns in den ersten Tage da und half uns, wo immer er konnte.

Adrien Manga war sehr aufgeregt, was wir verstanden. Schließlich war er derjenige, der die Hauptarbeit vor Ort geleistet hatte. Er besorgte die Materialien für die Schulsanierung, koordinierte die Arbeiten, die wie vereinbart von dem Männern im Dorf ausgeführt wurden und schaute, dass alles bis zum Schulbeginn im Oktober fertig war.

Das Schuldach der Grundschule von Enampore war renoviert und die Grundvoraussetzungen für den Schulbesuch der GrundschülerInnen waren gesichert. Adrien hatte sorgfältig die Gelder verwaltet und mit großer Umsicht die notwendigen Mittel im Großhandel eingekauft. Er fuhr dafür selbst nach Dakar und übernahm so auch den Transport, die einzige Möglichkeit in Senegal, um sicherzugehen, dass auch alle eingekauften Waren ans Ziel kommen. Da Mitte Oktober klar war, dass wir noch Geld am Konto hatten und durch den Einkauf im Großhandel genügend Hefte und andere Schulsachen besorgt werden konnten, beschlossen wir kurzerhand nicht nur die SchülerInnen der Insel Eloubalire mit in „unser Boot“ zu nehmen, sondern auch die Nachbarschule von Séléki und den Kindergarten von Enampore. Der Wunsch, dass alle Kinder in dieser Region die Schule besuchen können wird immer mehr zur Wirklichkeit.

Gemeinsam mit dem Geld des Vereins CEDE, der derzeit 11 Schülerpartnerschaften übernommen hat und den Spenden, die wir dank Ihrer/Eurer Hilfe zur Verfügung stellen konnten ist dieses kleine Wunder gelungen.

Wir hatten uns also auf den Weg nach Enampore gemacht, schwitzend, staunend, neugierig und total pünktlich. Wir begutachteten die Reisfelder und freuten uns über die Auskunft, dass heuer eine gute Ernte zu erwarten sei. Gott sei Dank! Nach nicht ganz einer Stunde Fahrt (die braucht man auch mit dem besten Auto für 30 km) kamen wir ins Dorf und bogen zur Schule ab. „Du musst eine kurze Rede halten!“, diese Aufforderung hielt ich für einen Scherz. Und schon standen wir auf dem großen Platz vor der Schule. Eine Unzahl von Menschen war bereits versammelt, Frauen tanzten und sangen zu den Trommeln, wir wurden begrüßt von den Dorfbewohnern, die schon da waren und in diesem Moment erst begriff ich, dass wir nicht nur ein paar Kartons und 4 Briefe übergeben, sondern dass dies der Anlass zu einem großen Fest im Dorf war. Alles, was in der Gegend Rang und Namen hat war anwesend. Das war der Moment, wo uns beinahe der Mut verlassen hatte.

Vor uns stand plötzlich Nyakassi Manga, Deutschprofessor in Bignona, den wir in den Jahren zuvor in Cap Skirring kennenlernen durften. Er nahm sich um uns an, übersetzte für uns, erklärte uns die Etikette und begleitete uns durch den Tag. Seine Hilfe ist seit diesem Tag ein wichtiger Bestandteil des Projektes geworden. Wir freuen uns einen neuen Freund gefunden zu haben, der an der Verwirklichung unserer Pläne mithilft.

900 Menschen feierten mit uns, tanzten und aßen. Der Anlass war, dass die Kinder von Enampore, Eloubalire und Séléki selbstverständlich ihr Schuljahr beginnen können. Als Ausdruck der Freude gab es ein Fest. Ein Fest, das wir nie vergessen werden.

Am 12. Oktober fuhren wir nach Cap Skirring. Wir durften im Haus von Aliou Dieme wohnen, genossen das Meer und konnten dort erleben, dass die Regenzeit noch nicht zu Ende war. Unglaubliche Regenfälle und Gewitter verwandelten die Straßen in Schlammmeere. Der Strom fiel täglich bis zu mehreren Stunden aus, es war schwül und heiß. Und dann schien die Sonne wieder, der Himmel war blau und das Meer wunderbar warm – Ferien pur!

Ich begann mit der Aufarbeitung der neuen Informationen und erstellte einen Plan für die verbleibende Zeit.

Da Walter nur eine Woche zur Verfügung hatte, trafen wir uns am 15. Oktober noch einmal mit Dr. Simon Tendeng. Am nächsten Tag fuhren wir nach Banjul/ Gambia. Walter trat am Abend von dort aus seine Heimreise an.

In der Nähe des Flughafens liegt das kleine Dorf Wullingkama, - nicht leicht zu finden, aber mit vielen Fragen kamen wir ans Ziel. Wir besuchten Jens Weitzenburger, der versprochen hatte, uns seine Ideen zur Solarenergienutzung zu zeigen. Staunend standen wir vor seinen Erfindungen. Alles, was irgendwie verwendbar ist baut er um in Beleuchtungskörper, Solarkocher und Batterieladestationen. Wir bleiben auf jeden Fall in Kontakt, denn auch für die Brunnen des Frauengartens in Enampore hat er uns wertvolle Tipps gegeben. Es ist jetzt einmal vorrangig, die vorhandenen Brunnenschächte zu reparieren. Das heißt, dass die Brunnen nachgegraben werden müssen und Betonschachtrohre eingesetzt werden. Erst in einem zweiten Schritt wollen wir uns überlegen, wie wir eine durch Solarenergie betriebene Pumpe einsetzen, vor allem aber finanzieren können.

Nachdem wir Walter zum Flughafen begleitet hatten fuhren Adrien und ich wieder zurück in die Casamance. Wir überschritten bei Dämmerung die Grenze von Gambia nach Senegal und übernachteten am Weg zurück nach Cap Skirring in einem Campement. Wieder einmal hatte uns ein schweres Gewitter überrascht und die Straßen waren zum Teil unpassierbar.

Das Wochenende in Cap nutzte ich wieder für meine „Büroarbeiten“. Ab Montag besuchten Adrien und ich alle Schulen in der Region Enampore. Die Insel Eloubalire war durch die vielen Regenfälle nicht erreichbar, aber in dieser Schule war ich bereits im Mai. Die Lebenssituation ist in allen Dörfern vergleichbar mit der von Enampore. Die Schwierigkeit, das notwendige Geld für den Schulbesuch aufzubringen betrifft alle Familien. Die LehrerInnen stehen vor der Situation, dass die Kinder, wenn sie inskripiert sind, nicht die verlangten Schulsachen mitbringen, da diese nicht gekauft werden können. Alles in allem schwierige Voraussetzungen für die Arbeit in den Schulen.

In jeder Schule gab es eine kurze Konferenz. Wir stellten das Projekt, sofern es nicht ohnehin bekannt war, vor und vereinbarten die weiteren Schritte. Wichtig ist, dass die Eltern, bzw. die BewohnerInnen der Dörfer ihr Einverständnis geben und sich bei Inanspruchnahme der Hilfe verpflichten, ihre Kinder in die Schule zu schicken und zu unterstützen. In Essyl konnte ich bei dieser Versammlung teilnehmen. Mich beeindruckt immer wieder die Ernsthaftigkeit der Auseinandersetzung und Prüfung unseres Vorhabens. Besonders wichtig ist, dass die Menschen erfahren, welche Personen mit dem Projekt in Verbindung stehen.

Nach unserem Besuch auf der Insel Bandiale beschlossen wir spontan, für das heurige Schuljahr die Finanzierung zu versuchen. Die Lebensumstände hier sind noch schwieriger, als auf dem Festland. Und siehe da, als ich zurück in Linz war, war genau der Betrag an Spendengeldern eingegangen, der uns fehlte.

In Enampore gab es eine Frauenversammlung. Die Brunnen im Frauengarten müssen saniert werden. Das war schon im Mai klar. Wir einigten uns darauf, dass wir zu allererst die Brunnen soweit in Stand setzen, dass brauchbares Wasser für die Bewässerung des großen Areals geschöpft werden kann. Die Frauen wollen nicht nur Gemüse für die Selbstversorgung anbauen, sondern in weiterer Folge auch Produkte, die sie auf den Regionalmärkten verkaufen können. Sie erhoffen sich so Einnahmen für das Familieneinkommen.

Zusammenfassung: Was ist geschehen:

Wir konnten eine große Tasche mit Medikamenten, 3 Blutzuckermessgeräten, 3 Blutdruckmessgeräten und anderen kleinen medizinischen Geräten an Dr. Simon Tendeng übergeben. All diese Dinge kommen Kranken in der Region Enampore zu .

Das Schuldach in Enampore ist repariert.

Wir konnten in 5 Grundschulen dazu verhelfen, dass für alle SchülerInnen die verlangten Gebühren bezahlt und Schulsachen zu Verfügung gestellt wurden, sodass Unterricht wirklich stattfinden kann.

Wir sind unserem Traum nähergekommen, für die ca. 1150 GrundschülerInnen dieses Angebot zur Verfügung zu stellen. Mehr als die Hälfte der Kinder profitieren bereits von unserem Projekt.

Die LehrerInnen und Eltern tragen unsere Idee mit.

Die Zusammenarbeit mit Adrien Manga erweist sich als ein Segen. Er ist korrekt, genau, sparsam und pünktlich und genießt vor allem großes Vertrauen der Menschen in den Dörfern.

Die Frauen von Enampore haben eine klare Vorstellung, wie der große Garten in Ordnung gebracht werden kann. Mit ca. € 6.000,-- könnten die 3 Brunnen saniert werden und dadurch der Garten weitgehend bebaut werden. Wir beginnen mit einem Brunnen. Schritt für Schritt.

Die Prioritäten sind klar: Versorgung der GrundschülerInnen in der Region und schrittweise Sanierung des Frauengartens.

Ich weiß, es ist ein langer Bericht geworden. Etwas Wichtiges habe ich noch ganz vergessen: das unglaublich wichtige Fußballereignis der Regionalliga: Ziguinchor gegen Enampore. Ich war dabei. Und wir haben gewonnen. Wir aus Enampore!


So, nun glaube ich wirklich alles Wichtige berichtet zu haben.
Wie immer freue ich mich über Rückmeldungen, Fragen, Einladungen, Ideen und natürlich auch Spenden. 


Ich danke Ihnen/Euch für Ihre/Eure Wegbegleitung, Unterstützung und das große Vertrauen. Danke! Emidedjami!

Mit lieben Grüßen

Lore (Beck)

Montag, 3. November 2008

Zurück aus Enampore

Zurück aus Senegal/Casamance, aus der Hitze und Schwüle der abklingenden Regenzeit, aus einer Landschaft, an der ich mich nicht sattsehen konnte und die für mich so neu war auf Grund der üppigen Vegetation während der Regenzeit, aus den Dörfern des Royome Enampore/Bandial mit Segenswünschen und Grüßen an die Mitglieder der Familie,alle Freunde und Freundinnen und alle, die daran beteiligt sind, dass die GrundschülerInnen von Enampore und Umgebung in die Schule gehen können,
zurück aus einer unglaublich intensiven Zeit, -eine Woche mit Walter, zwei Wochen alleine mit unseren anfrikanischen Freunden und Freundinnen.
Zurück, gesund und glücklich!
Lore

PS: Ein bisschen Zeit brauche ich noch, dann bin ich auch wieder "zurück" in meinem Lebensrhythmus. Und dann gibt es einen ernsthaften Ergebnisbericht.