Dienstag, 28. Februar 2012

Zurück in Österreich

Lieber Wolfgang,

jetzt sind wir schon wieder zwei Tage zurück aus dem Senegal. Die Rückreise hat perfekt geklappt, wir sind am Sonntag pünktlich in Wien gelandet und schließlich waren wir zu Mittag in Linz.

Ansprache Vertreterin der Frauen
von Medina plus Dolmetsch
(französisch – diolla)
Ich bin diesmal gerne und auch gleichzeitig schwer aus der Casamance heimgefahren. Einerseits waren die Unruhen vor der Wahl am Sonntag an allen Ecken und Enden zu spüren, andererseits hatten wir Dank Adrien, Habib und all den senegalesischen Freunden eine wunderbare Zeit. Die letzte Woche mussten wir sehr improvisieren, trotzdem ist alles gutgegangen.

Am Donnerstag hatten wir eine Einladung in die Schule von Medina. Alles was ich wusste war, dass der Elternverein sich bei mir bedanken will und daher vereinbarten wir ein Treffen um ca. 11.00 Uhr.
Fest in Medina
Reiseproviant: 2 Schachteln Bananen
Mit allem hatte ich gerechnet, nur nicht mit diesem Empfang.  Wir wurden schon erwartet. Eine Frauendelegation stand singend und tanzend bereit und der Kumpo, ein mit einem Fransenkostüm verkleideter Tänzer begleitete uns bis zur Schule. Die “Prozession”, wie Walter es ausdrückte, wurde immer länger. Viele Kinder begleiteten uns, sie hatten wegen der bevorstehenden Wahlen keinen Unterricht bis Dienstag und daher war dieses Fest eine willkommene Abwechslung für sie. Immer wieder hielten wir an, da der Kumpo eine Einlage lieferte. Plötzlich merkten wir, wie die Kinder unruhig wurden und hilfesuchend bei den Erwachsenen Unterschlupf suchten. Und schon entdeckten wir den Nyasso, den Gegenspieler des Kumpo, zu vergleichen mit unserem Krampus. Er schlich um die versammelten Festgäste, hatte eine Rute in der Hand und die Kinder hatten wirklich ein bisschen Angst!
Direktor Schule Medina Bakary Diané,
Représentant IDEN Famara Diedhiou



Dieser Diolla durfte im Koffer mitkommen
 



Der Kumpo ist so etwas wie der gute Geist, beschützt das Dorf und hält mit den Ahnen Verbindung. Diese sprechen mit ihm und er gibt ihre Worte mittels einer kleinen Pfeife wider. Aber vorher tanzt er seinen wilden Tanz! Er dreht sich wie ein Kreisel und sein Fransenkostüm rauschelt und wirbelt! Nie sieht man den Mann, der unter dem Kostüm steckt. Mehr als drei Stunden dauerte die Zeremonie, die geprägt war vom Tanz und der Musik der Dorfbevölkerung und schließlich vielen Ansprachen und Danksagungen. Der Direktor der Schule hatte die offiziellen Vertreter der Schulbehörden verständigt. Trotz der bevorstehenden Wahlen nahmen sie teil. Eine Anerkennung unserer Arbeit für Enampore, die ich mir nie erträumt hatte!
Gastgeschenk für Eva Fehrer

Übergabe der Bananenschachtel

Mäxchen, oder was?  Auf jeden Fall täglich.
Für mich verging die Zeit wie im Flug, erst im Nachhinein wurde mir bewusst, wie tapfer die Delegation aus Österreich an meiner Seite während dieser Zeremonie ausgeharrt hatte. Belohnt wurden wir mit Geschenken und einem wirklich hervorragendem Mittagessen. Müde kehrten wir am Nachmittag nach Ziguinchor zurück. Nach einer kurzen Erholungspause traf sich die “Zockerrunde” (siehe Foto) zu einer Runde Mäxchen, es wurde aber auch gepokert und das äußerst aufschlussreiche Psychiatrie-Spiel durchgeführt! Ellena und Fabian, die zwei jüngsten Reisemitglieder haben eine Woche lang mit ihrer liebenswürdigen und unkomplizierten Art die Gruppe bereichert und in bemerkenswerter Weise positiv auf Trab gehalten. Danke!!!!!!!!

Am Freitag fuhren wir auf die ehemalige Sklaveninsel Karabane. Adrien konnte uns leider nicht begleiten, da er wieder einmal einen Malariaschub hatte. “Ab ins Bett” war die einhellige Meinung, als wir ihn in der Früh trafen. Pierre, unser Fahrer begleitete uns auf unserem Ausflug und Adrien hatte natürlich im Vorfeld alles  bestens organisiert! Am Abend besuchte uns Habib noch einmal. Er konnte bis Samstag am Vormittag bleiben, - es war dann wie immer ein schwerer Abschied.

Ich würde ihn und Gabriel heuer gerne wieder im Sommer nach Österreich einladen. Beide wollen ihr Deutsch – Studium abschließen. Ein Studienaufenthalt in Wien wäre eine große Chance für die beiden. Das große Problem ist die Finanzierung, aber vielleicht gelingt es uns, ein Stipendium für die beiden aufzutreiben.

Dank der Frauen an Walter
Adrien hütete am Freitag brav das Bett. Als er am Samstag zur Abrechnung ins Hotel kam, stellte Christine fest, sie wisse nun, wie Afrikaner aussehen, wenn sie blass und krank sind. Adrien ließ es sich jedoch nicht nehmen, uns am Samstag nach Banjul zu begleiten. Wir hoffen sehr, dass er bald wieder gesund ist! Wir mussten schon zu Mittag los, da die Grenzen auf Grund der am Sonntag angekündigten Wahl am Abend gesperrt und erst am Montag wieder geöffnet wurden. Daher waren wir schon vor 17.00 Uhr in Banjul am Flughafen, unser Flug ging erst um 22.35 Uhr. Dann eine Nacht im Flieger, umsteigen in Brüssel und zielsichere Landung in Wien. Zu Mittag waren wir alle wieder zu Hause!

Bananentransport
Die Reise im Mai nach Senegal ist leider abgesagt! Die politische Lage ist zu unsicher, es gibt eine Reisewarnung für weite Teile des Senegals und man muss abwarten, wie sich das alles entwickelt.  Die Wahlen fanden am Sonntag statt, es wird zu einer Stichwahl kommen und im Juni sind dann die Parlamentswahlen.  Presseaussendung vom 28.2.2012: “Eine dritte Amtszeit ist für den senegalesischen Präsidenten Abdoulaye Wade nicht so leicht zu erreichen, wie er sich das vorgestellt hatte. Nach schweren Protesten im Vorfeld, liegt er nach Auszählung von rund 60 Prozent der Stimmen nur wenig vor seinem Herausforderer Macky Sall. Eine Stichwahl zeichnet sich ab.”

Ich hoffe inständig, dass Senegal wieder Stabilität erlangt. Habib stellte am Freitag Abend fest: “Diese unsichere politische Situation hat das senegalesische Volk nicht verdient! Wir leben seit 1960 in Freiheit, es gab nie einen Putsch, immer freie Wahlen! Das senegalesische Volk ist ein friedliebendes Volk, aber es lässt sich nicht alles gefallen!” Ich habe mit niemanden in den letzten Wochen gesprochen, der nicht sehr beunruhigt gewesen wäre über die Vorkommnisse der letzten Monate.

Lieber Wolfgang, ich danke Dir für Deine Begleitung während der letzten 6 Wochen. Jetzt geht es an die Aufarbeitung, Abrechnung und Weiterentwicklung. Trotz der derzeit misslichen Lage im Senegal werde ich mich nicht abbringen lassen mit meinen senegalesischen FreundInnen die nächsten Vorhaben zu verwirklichen: Pumpe für die Brunnen im Frauengarten, Betreuung der jugendlichen Schwangeren, Unterstützung der DeutschschülerInnen mit Schulbüchern und vor allem unser Kern-Projekt: Sicherstellung des Schulbesuches der SchülerInnen im Bezirk Enampore auch im nächsten Schuljahr!

Ich hoffe, dass unsere Vorhaben auch weiterhin gelingen!

Sei nun lieb umarmt!
Ich freue mich auf ein Wiedersehen!
Herzliche Grüße an Deine Lieben!

Alles Gute
Lore



PS: HERZLICHE EINLADUNG zu REZITATION & MUSIK
      am Samstag, 10. März 2012 – 19.30 Uhr in der Martin-Luther-Kirche in Linz
      Der Reinerlös kommt meinem Projekt ENAMPORE zu Gute