Lieber Wolfgang,
immer wieder schaffe ich es,
ein fast fertiges Email nicht abzuschicken, sondern in den Untiefen meines PCs
zu versenken!
Daher kommt jetzt der 2.
Versuch.
Seit 6 Wochen versuche ich zu
begreifen, was hier im Senegal vor sich geht. Die Unzufriedenheit der Menschen
über die Kanditatur von Präsident A. Wade ist an allen Ecken und Enden spürbar.
So ist auch unser Programm in
dieser Woche nicht so verlaufen, wie geplant.
Montags fuhren wir nach
Enampore. Ellena und Fabian sind tapfer, müssen sie doch in ihren Ferien
täglich Schulen besuchen!
Ich mache mit den neuen Gästen
also noch einmal die Tour durch die Schulen. Christine hat für alle ein Erste
Hilfe Paket vorbereitet und den Direktoren übergeben. Die Idee ist, dieses
Paket, das zur Wundversorgung gedacht ist immer wieder aufzufüllen. Auf jeden
Fall wurde Christines Aktion sehr gut aufgenommen!
Ich nutzte die Gelegenheit, um
mich in den Schulen zu verabschieden und noch einmal zu überprüfen, ob die
Schulkantinen funktionieren. Die Getreidelieferungen sind jedoch in diesem
Schulbezirk immer noch nicht eingetroffen und wir fragen uns, weshalb! Andere
Schulen haben seit Wochen wieder eine funktionierende Schulküche.
Am Sonntag marschierten viele
Frauen aus dem Bezirk Enampore nach Ziguinchor, um gegen verschiedene Missstände
aufmerksam zu machen. Diese Frauenmärsche verlaufen immer total friedlich, die
Frauen versammelten sich diesmal bei der Haupteinfahrt von Ziguinchor und am
nächsten Tag zogen sie wieder nach Hause.
Ein Grund ihres
Protestmarsches war auch der schlechte Zustand der Staub-Piste durch den
Bezirk. Als die Straße nach Bandial gebaut wurde, zerstörten die Lastautos die
Staubstraße bis Enampore. Es wäre ein leichtes, diese wieder zu ebnen und vor
der Regenzeit ist das auch unbedingt notwendig, da die Dörfer mit dem Auto
sonst nicht mehr erreichbar sind!
Adrien sagt mir 2 - 3 Tage
Arbeit, maximal 4 Tage wären für diese Arbeiten notwendig.
Am Montagabend zogen die
Frauen wieder zu Fuß nach Hause. Zwischen Ziguinchor und Brin kam ihnen ein
unbeleuchteter Lastwagen entgegen. Die Frauen sahen ihn zu spät, der LKW-Fahrer
die Frauen. Zwei von ihnen wurden getötet mindestens vier liegen verletzt im
Krankenhaus.
Die Feier am Dienstag in Essyl
zu Einweihung des Brunnens fand daher nicht statt. Wir wurden empfangen, durch
die Schule und schließlich zum Brunnen geführt.
Wir gedachten aber in erster
Linie der Frauen und ihrer Familien.
Der Besuch in Eloubalire am
Dienstag fand nicht statt, eines der Opfer ist von dort. Die Trauer in den
Dörfern überschattet momentan alles.
Heute bin ich mir auch nicht
sicher, ob der Besuch in Medina möglich ist. Angeblich hat die Regierung
beschlossen, dass es bis Mittwoch keinen Unterricht geben soll. In Dakar und
allen großen Städten demonstrieren die Menschen täglich, es gab auch diese
Woche, wie berichtet wieder Ausschreitungen. Selbst die katholischen
Privatschulen, die während der langen Streiks ihren Unterricht aufrecht
hielten, haben die Schulen zugesperrt.
Nachdem aber vor allem die
Eltern von Medina uns eingeladen haben, wird es heute vielleicht doch zu dieser
Begegnung in der Schule kommen. Ich werde Dir berichten!
Übermorgen heißt es dann
Koffer packen. Ich merke, dass der Abschiedsschmerz schon begonnen hat. Ein
Gefühl, in das sich dazu noch Betroffenheit mischt.
Ich hoffe sehr, dass sich die
politische Situation im Senegal beruhigt. Es steht viel auf dem Spiel!
Ich fahre, wie immer nicht
leicht nach Hause, so sehr ich mich darauf auch schon freue.
Und auch, wenn der Wetterbericht,
den ich gerade für Sonntag gehört habe scheußlich ist!
Liebe Grüße und bis bald!
Lore
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