Lieber Wolfgang,
letzter Tag, die Koffer sind gepackt.
Gestern habe ich noch Erdnüsse gekauft und Café Touba.
Das ist Kaffee mit Minze, schmeckt wahrscheinlich nur hier gut, mit viel Zucker
bei einem schönen Gespräch mit Freunden. Ich hoffe immer, ein
bisschen etwas von dieser Stimmung mitnehmen zu können. Meine Koffer sind genauso voll, wie bei meiner Ankunft.
Aber es ist alles verstaut und der warme Anorak steckt im Handgepäck.
Zum Wochenende waren wir in St. Louis. Wir wurden von
Monty begleitet. Das ist einer meiner Deutschlehrer-Freunde, der vor vielen
Jahren in Grazstudiert hat. Er referierte im September im Wien im AAI
über ein Projekt zur Betreuung von Straßenkindern in St. Louis und natürlich
wollte ich mehr davon wissen. Aber er versucht auch, über ein
Schulprojekt einen interkulturellen Austausch herzustellen mit einer
österreichischen Schule. Habe die Beschreibung gelesen, vielleicht kann ich hier
bei der Vermittlung einer Partnerschule helfen.
Da Monty aus St. Louis ist hatten wir das Glück, trotz
der kurzen Zeit, diezur Verfügung stand sehr viel zu erleben. Mit dem
"Car rapid" auf die Fischerinsel, beobachten, wie die Fischer in Windeseile
ihren Fang an die Großhändler verkaufen, Fischtrockenanlage mit wirklich
bemerkenswerten Geruchswolken, Erklärungen, was die Ornamente auf den
buntbemalten Schiffen bedeuten, Treffen mit einem dieser begnadeten Maler, der
auch noch Fischer und Bauer ist, zu sechst im Taxi sitzen, St. Louis
betrachten im sanften Abendlicht, Café Touba trinken in einem der Hinterhöfe
auf der Fischerinsel in St. Louis. Und dann am Abend in der Spoutnik - Bar
eintauchen in das Nachtleben, begleitet von Livemusik - quer durch die
Jazzlandschaft, senegalesische Musik und das stundenlang in bester
Qualität, Gespräche, Tanzen und zwei Gläser guten Wein (ist leider hier eine
Seltenheit).
Am Morgen durch St. Louis, dieser verschlafenen
Kolonialstadt,wandern, in den Geschäften in aller Ruhe herumstöbern, ohne dass die
Besitzerinnen Druck machen, etwas kaufen zu müssen, gemütliches Mittagessen
(natürlich Fisch und Reis), Diskussionen über Projekte, die Monty begleitet
und initiiert hat und dann vier Stunden zurück im "Sept - Place".
Normalerweise müssen alle 7 Plätze dieses Autos besetzt sein, aber ich habe verwegen
das gesamte Auto gemietet,- ein absoluter Luxus! Zu siebt ist es jedoch
wirklich sehr eng im Auto auf dieser lange Strecke.
Gestern wie gesagt, habe ich noch einige Einkäufe erledigt,
war am Abend bei Familie Faye zum Essen eingeladen. Alle saßen um die
große Schüssel. Zuerst konnte ich nicht erkennen, welches Fleisch da in der
Mitte kunstvoll auf der Zitronen - Zwiebelsoße aufgetürmt war, umgeben von Pommes
und viel Salat. Aber dann stellte sich heraus, dass es ein üppiges Huhn
war aus Madeleines
Hühnerzucht!
Und jetzt wie gesagt, jetzt bereite ich mich auf meine
Rückreise vor. Noch bin ich nicht nostalgisch, aber das kommt spätestens am
Flughafen. Da ist es gut zu wissen, dass es zu Hause liebe Menschen
gibt, auf die es sich lohnt zu freuen.
Sei lieb umarmt, das nächste Mal melde ich mich aus
Österreich!
Liebe Grüße an alle,
Lore
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Lore Beck
Lüfteneggerstr.10
4020 Linz
Evangelische Pfarrgemeinde Linz-Innere-Stadt
Martin Luther Kirche
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